Von Frühstück, Brunch und Brinner

Frühstücken wie ein Kaiser, Mittagessen wie ein König und Abendessen wie ein Bettler – diese sprichwörtlichen Empfehlungen sind zwar ernährungswissenschaftlich kaum haltbar, aber die Bedeutung der ersten Mahlzeit am Tag – egal um welche Uhrzeit – nimmt eindeutig zu. Und das vor allem aus sozialen und kulinarischen Gründen.

Das Phänomen Brunch und Brinner
Eines vorab: Das ausgiebige Frühstücken, oft als „Brunch“ bezeichnet, also der Wortkombination aus „Breakfast“ (Frühstück) und „Lunch“ (Mittagessen), ist kein modernes Phänomen. Wie so vieles hat es seine Ursprünge im anglo-amerikanischen Raum und geht ins späte 19. Jahrhundert zurück. So gab es in Adelskreisen bei Hausparties am Wochenende oder bei Jagdgesellschaften ein ausgiebiges Frühstück, bei dem auch Zeitung gelesen werden durfte, um über die aktuellen Ereignisse des Tages informiert zu sein. Seine Bekanntheit verdankt der Brunch jedoch noch mehr den Amerikanern, bei denen er in den 30er Jahren in den oberen Schichten populär wurde, vor allem zu Anlässen wie dem Muttertag. Nach Italien, dem Land des „caffè al volo“, kam der Trend dann in den 90igern.
Gerade in europäischen Großstädten wachsen schon seit längerem Frühstücks- und Brunchlokale augenscheinlich aus dem Boden. Kreative und umfangreiche „All-Day“-Frühstücksangebote, die den ganzen Tag über erhältlich sind, und Brunch-Buffets am Wochenende sind ausgesprochen angesagt.
Der weit weniger bekannte „Brinner“, eine Kombination aus „Breakfast“ (Frühstück) und „Dinner“ (Abendessen), hat seinen Ursprung in Kalifornien und kann in zweierlei Hinsicht interpretiert werden: als „Breakfast for Dinner“, also ein Frühstücksangebot, das abends und daher alternativ zum Abendessen angeboten wird – oder eben als ein Angebot, das Komponenten beider Mahlzeiten kombiniert.

Die Ansprüche am Teller
Aber was bedeutet dies konkret für die kulinarische Angebotspalette? Was schon länger nicht mehr im Widerspruch steht, ist ein schmackhaftes, aber ebenso gesundes Angebot. So gehören frischgepresste Säfte, Müslis mit Joghurt oder Porridge mit Nüssen und Vollkornbrötchen schon fast zum Standard-Angebot, laktose- und glutenfreie Alternativen inklusive. Worauf der Gast, und das vor allem der junge, zukünftig noch mehr achten wird, ist ein klimafreundliches Angebot. Dabei geht es um weniger tierische Produkte, um vermehrt vegetarische und ansprechende pflanzenbasierte Alternativen, saisonale, regionale und biologische Zutaten sowie um die Vermeidung jeglicher Art von Abfällen und unnötigen Verpackungen. Ausgewählte Frühstücks-Komponenten auf Bestellung oder ein à la carte-Angebot können hierzu Lösungen bieten. Da bei einem Brunch verschiedene Menschen und somit individuelle Wünsche aufeinanderprallen – im Englischen „Meal fragmentation“ genannt – kommen die vielen unterschiedlichen Gerichte und Produkte eines Brunchs auch der immer aktuelleren kulinarischen Individualisierung entgegen.

Frühstücken als gemeinsames Erlebnis
Bereits in ihrem FoodTrend-Bericht 2018 schreibt die Zukunftsforscherin Hanni Rützler über das „Erwachen der kulinarischen Morgenszene“. „Im Zentrum steht dabei klar die Unkompliziertheit und Gemütlichkeit, die Verbindung von Genuss und lebendiger sozialer Interaktion, die nicht durch formalisierte Regeln, starre Speisefolgen und vorgegebenen Essenszeiten gehemmt wird. Das neue Frühstück ist individuell, casual, international und flexibel", so Rützler.
Gemeinsam ausgiebig zu frühstücken, heißt eben auch, sich füreinander Zeit zu nehmen und gemeinsam zu genießen. Neben freundlichem Service gilt es daher ebenso auf Ambiente, Raumklima und Akustik zu achten. Das Angebot sollte unkompliziert und die Atmosphäre vor allem gemütlich sein. Das solche Erlebnisse auch ideale Vorlagen für Instagram & Co. sind, beweisen die Millionen an Beiträgen unter diesen Schlagwörtern – das Phänomen lebt als digital über die Gäste enorm weiter und kann viele Menschen und damit zukünftige Kunden/innen ansprechen.

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