Knochenjob Küche? Jetzt schuften die Maschinen. - Jury Sellaro

Juri Sellaros Rezepte in der Cloud

Wenig Köche im Umlauf. Enormer Stress zu Stoßzeiten. In Hotels und Restaurants muss man sich behelfen. Zwei Beispiele, wie Digitalisierung die Prozesse in der Küche erleichtert. Ihre größte Sorge: die Stromverbindung.

Juri Sellaro, wie kommt es, dass Sie hier in Seis am Schlern kochen? Ich habe Erfahrungen in vielen Küchen gesammelt, natürlich auch im elterlichen Restaurant in Asiago. Nach dessen Schließung habe ich ein Angebot bekommen in einem familiengeführten, kleinen Hotel in den Bergen. Das hat mich gereizt. Für drei Monate, dachte ich. Inzwischen bin ich seit elf Jahren hier und fühle mich immer noch sehr wohl. Die Chemie mit der Familie Mutschlechner hat von Beginn an gepasst, das Vertrauen ist gewachsen und so auch die Bereitschaft, auf alles einzugehen, was die Digitalisierung im Kochbereich zulässt.

Woher haben Sie diese Leidenschaft zur Digitalisierung?
Wir haben in der Küche einen neuen Kombidämpfer gebraucht. Da habe ich mich umgeschaut und mich am Ende für den Marktführer entschieden. Die Bedienung ist über ein Touchpad geregelt, und übers Internet ist man mit vielen hundert Rezepten und Einstellungen verbunden. Das hat mich von Beginn an fasziniert, und ich wollte mehr darüber wissen – eigentlich war ich schon als kleiner Junge so. Ja, und als man mich zu einer intensiven Schulung dieses Gerätes eingeladen hat, bin ich hin und habe unter den 65 Teilnehmern als Bester abgeschnitten.

Steckt da noch immer Ihre Erfahrung als Lehrer an der Hotelfachschule dahinter? Ja, schon. Mittlerweile bin ich für diese Firma auch viel auf Messen unterwegs und schule andere Köche in den Anwendungsmöglichkeiten. Geräte für einen arbeiten zu lassen, macht in der Küche einfach Sinn. Ich kann sie individuell programmieren und auf meine Bedürfnisse einstellen. Diese Kombigeräte können erwärmen, erhitzen, aber auch anschließend abkühlen, sogar tieffrieren – und das auf Knopfdruck und nach einem vorgegebenen Programm.

Wie läuft dies bei Ihnen konkret in der Küche ab?
Unsere hausgemachten Schlutzer beispielsweise pasteurisiere ich und kühle sie dann gleich ab, so bleiben sie haltbar. Das heißt, wir produzieren oft in größeren Mengen, sind somit effizienter und vermeiden Lebensmittelabfälle. Wir machen auch unseren Schinken im Haus und räuchern den Lachs selbst. Das Gerät arbeitet ja auch nachts für mich! Und ich kann Hilfskräfte ganz schnell darauf einschulen. Das Display ist sehr einfach zu bedienen, die Rezepturen bereits vorgegeben, und das Gerät piepst, wenn das Gericht fertig ist – auch die Reinigung der Geräte erfolgt auf Knopfdruck. Natürlich steckt eine monatelange Vorarbeit dahinter: Ich habe alle unserer Rezepte durchprobiert, eingegeben und feile auch immer weiter daran. Insgesamt schaffen wir es, Zeit einzusparen, viele Fehlerquellen zu vermeiden, den Wareneinsatz zu senken und die Qualität für die Gäste konstant auf hohem Niveau zu halten.

Wie kommt Ihr Team damit zurecht?
Normalerweise sind die Jungen sehr offen für dieses Thema. Wir arbeiten, inklusive Abspüler, zu viert in der Küche, und versorgen unsere maximal 60 Gäste mit einer abwechslungsreichen Dreiviertelpension. Auch die Eierspeisen zum Frühstück werden im Moment in einem der neuen Geräte gemacht, wir benötigen keine Pfannen und das Gericht ist im Nu fertig.

Welche Voraussetzungen braucht es, damit Küchen so arbeiten können?
Natürlich muss der Küchenverantwortliche dafür brennen. Ich entwickle dauernd neue Rezepte, teste sie so lange, bis die Rezeptur punktgenau passt, und teile sie dann auf der Cloud für andere Köche. Und das Wichtigste: In der Küche muss die Stromversorgung konstant und die Internetverbindung gut sein. Bei mir wurde eine eigene Antenne in der Küche installiert, damit ich mich auf ein gutes Netz verlassen kann. Und natürlich haben wir eine große Kühl- und auch Gefrierzelle für die Lagerung.

Wie sehen Sie die Zukunft in der Küche?
Wenn wir Maschinen und Digitalisierung intelligent einsetzen, braucht man zukünftig weniger Mitarbeiter – die wir auch gar nicht mehr haben. Die Arbeit wird einfacher, leichter und schneller. Und sie garantiert eine korrekte, sichere Verarbeitung von Lebensmitteln und eine konstante Qualität.

JURI SELLARO
Der Chefkoch, der den Papst bekocht hat.
Eigentlich wollte Juri Sellaro Elektrofachmann werden. Sein erstes Zwischenzeugnis in der Oberschule war allerdings so schlecht, dass ihn seine Eltern – selbst Gastronomen in Asiago – von der Schule nahmen, ans Fließband schickten und meinten, er solle sich gut überlegen, was er aus seinem Leben machen möchte. Das zeigte Wirkung: Juri kam auf ein Internat der Hotelfachschule mit vielen guten Lehrern. Anschließend war er in Küchen in Frankreich, Schweiz und Ungarn unterwegs, hat im Vatikan sogar den Papst bekocht, jahrelang das elterliche Restaurant geführt und in der Hotelfachschule von Castelfranco Veneto unterrichtet. Doch dann kam das Angebot vom kleinen, aber feinen und geschichtsträchtigen Hotel Schwarzer Adler unterm Schlern, das heute von den Schwestern Patrizia und Claudia Mutschlechner geführt wird.

Zurück zu allen Beiträgen im Genussjournal