Knochenjob Küche? Jetzt schuften die Maschinen.

Peter Girtlers Glück am Bildschirm

Wenig Köche im Umlauf. Enormer Stress zu Stoßzeiten. In Hotels und Restaurants muss man sich behelfen. Zwei Beispiele, wie Digitalisierung die Prozesse in der Küche erleichtert. Ihre größte Sorge: die Stromverbindung.

Peter Girtler, wir sind beide in Zeiten aufgewachsen, in denen noch vieles analog und mit Block und Bleistift lief. Wie digital ist Ihr Handwerk heute?
Für mich ist Kochen noch immer Handwerk, das mit den eigenen Händen ausgeführt wird. Aber natürlich unterstützen uns in der Küche immer bessere Geräte, die sich alle auch digital steuern lassen. Das nutzen wir allerdings weniger. Viel mehr hilft uns derzeit die Digitalisierung im Zusammenspiel mit dem Service, um die Abläufe in der Küche während des Abendessens zu optimieren.

Wie läuft dies konkret bei euch ab?
Viele Jahre lang war es so in meinem Beruf: Handgeschriebene Zettel oder Bons kamen in die Küche, und dann ging’s los, die Gerichte auf die Posten aufzuteilen und zeitgerecht an den Pass zu bringen. Das ist – unweigerlich – nur mit vielen Zurufen und mit Schreien möglich, was eine ziemliche Unruhe und Hektik unter den Köchen mit sich bringt. Seit einem Jahr nun haben wir umgestellt auf die digitale Variante: Ein großer Bildschirm in der Küche zeigt uns, welche Gerichte oder Menüs bestellt sind, und jeder Posten hat wiederum seinen eigenen Bildschirm und sieht seine Gerichte und gibt per Touch ein, was erledigt ist. So hast du einen ganz neuen Überblick – und die Ruhe ist unglaublich. Oft komme ich abends nach Hause und habe das Gefühl, gar nicht müde und ausgelaugt zu sein, trotz vollen Hauses und Restaurant. Der stressreichste Teil meiner Arbeit ist also wirklich weggefallen.

Eine spürbare Erleichterung also?
Und wie. Ist für uns nicht mehr wegzudenken. Auch wenn der Weg dorthin alles andere als einfach war. Während der Umstellung hat es sehr chaotische Momente gegeben. Vieles im Programm haben wir auch für uns anpassen lassen. Also, gute Nerven braucht es, aber der Aufwand lohnt sich. Es arbeitet sich einfach angenehmer und stressfreier. Und es erlaubt auf Knopfdruck Auswertungen zu den gebuchten Gerichten und Umsätzen, was sehr hilfreich für unsere Planung ist.

Schon immer ein wichtiger Aspekt in der Küche: der Waren-Einkauf. Wie organisiert ihr den - auch digital? Bereits vor vielen Jahren haben wir von einem unserer Lieferanten das Angebot gekriegt, über ein Tablet digital die Bestellungen einzugeben. Eine sehr reizvolle Sache, da jedes Produkt bebildert und sehr gut beschrieben ist – aber ganz ehrlich: Man kauft viel mehr und andere Lebensmittel ein als geplant … und das digitale System war damals wahrscheinlich noch etwas seiner Zeit voraus. Wir hier im Haus schreiben noch Listen, schicken die Bestellung dann aber als Foto über einen Messenger-Dienst am Smartphone ab.

Und wie kommen Sie immer wieder auf neue Ideen für Ihre Menüs? Früher habe ich viele Kochbücher gewälzt, das macht man heute kaum noch. Man muss auch nicht mehr unbedingt die Welt bereisen. Im Internet und vor allem in den digitalen Medien findet man unendlich viele Beispiele, was andere Köche so machen und wie sie es am Teller anrichten. Das ist heutzutage nicht mehr wegzudenken und auch für mich eine wichtige Inspirationsquelle. Obwohl immer noch viel Denkarbeit dahintersteckt, wie ich diese Eindrücke dann in ein kreatives neues Gericht umsetze.

Fragen Sie auch die künstliche Intelligenz um Rat? Also zum Beispiel ChatGPT? Es ist faszinierend, was da heute alles möglich ist – aber ich spreche doch noch lieber mit echten Menschen.

PE T ER G I RT L ER
Der Sternekoch, der Zeit zum Blindwatten findet.
Peter Girtler, 1972 in Sterzing geboren und Vater von zwei Kindern, glaubt es beim Nachrechnen selbst kaum: Seit über 20 Jahren ist er Küchenchef im Romantik Hotel Stafler in Mauls, dort, wo er auch seine Lehrjahre verbracht hat. Nach Erfahrungen bei Heinz Winkler im Chiemgau und in verschiedenen Südtiroler Top-Hotels kehrte er ins Eisacktal zurück. Seit 2001 kocht er die Hotelküche und Gasthofstube des Hotels Stafler und vor allem dessen Gourmetstube Einhorn in den Gastrohimmel. 2009 erhielt Girtlers Küche den ersten Michelin-Stern, 2016 den zweiten. Bei Gault&Millau ist Girtlers Kochkunst vier Hauben wert. Was ihn an seiner Arbeit freut? Das tolle (derzeit achtköpfige) Team, in dem richtige Freundschaften bestehen und das sich täglich beim Karterle (natürlich Blindwatten) misst.

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