Gemüse als Star in der Sterne-Küche
Vom 15. bis 17. Mai begaben sich 20 interessierte Gastgeberinnen und Köche auf eine gastronomische Tour durch das pulsierende Berlin.
Nach einem leicht verregneten Start am Bozner Flughafen landete die gutgelaunte Gruppe bei strahlendem Sonnenschein und 27°C in der deutschen Metropole. Höhepunkt der kulinarischen Reise war zunächst das 2-Sterne-Restaurant „Horvath“ vom österreichischen Koch Sebastian Frank, den die Liebe nach Berlin verschlug, wie er den Südtiroler Gästen persönlich erzählte. Da ihn die in Berlin die verfügbare Fleisch- und Fischqualität allerdings nicht überzeugte, entschied er sich für eine ganz besondere Art der Gemüseküche, für die er heute bekannt ist. In seinem Menü gibt es keinen Gang mit sichtbaren Fleischelementen - wo geschmacklich sinnvoll, setzt er aber Fonds oder Soßen davon ein. Überhaupt durchzieht die neun Gänge ein kräftiger Geschmack von Umami, stark an Schweinebraten erinnernd, in Anlehnung an seine österreichisch-ungarische Heimatküche. „Sebastian Frank spielt wie kein anderen mit Gemüse, seinen Konsistenzen, und mit der starken Assoziation zu Fleischnoten, ohne eines am Teller zu servieren.“ bestätigt auch Sternekoch Herbert Hintner, der von seinem Tisch aus einen direkten Blick in die verglaste Küche genoss.
Sterne-Küche im Hinterhof
Szenenwechsel am nächsten Abend: In einem Hinterhof in der Nähe vom Brandenburger Tor, völlig unscheinbar, liegt das Szene-Lokal Cookie, mit einem Club, einem traditionellen Restaurant und dem Sterne-Restaurant „Cookies Cream“, in dem sehr leger und ungezwungen ausschließlich vegetarisches Essen serviert wird. Am Wochenende bekocht der Küchenchef Nicholas Hahn hier meist über 100 Gäste – gearbeitet wird in der Küche mit 15 Mitarbeitern in zwei Schichten, an vier Tagen die Woche. Raffiniert und ästhetischer ist seine Küche, ohne Fleischnuancen, dafür mit viel Farbe am Teller und harmonisch abgestimmten Geschmackseindrücken, begleitet je nach Wunsch mit alkoholischen oder teilweise selbst hergestellten nicht-alkoholischen Getränken.
Sharing-Konzept über den Dächern Berlins
Dazwischen genoss die Südtiroler Gruppe das typische „Balgan Menu“ von NENI Food, eine mediterran-persische Küche, die als Sharing-Konzept in die Mitte des Tischers serviert wird. Beeindrucken war dabei auch der Blick auf auf den Berliner Zoo, da sich das Restaurant NENI Berlin im 10. Stock des Bikini-25h-Hotels befindet. Der Geschäftsführer des mittlerweile 13 Restaurants umfassenden Familienunternehmens, Ilan Molcho, war zur hgv-Fachtagung im vergangenen Herbst sogar zu Besuch in Bozen.
Zero waste und Frühstück als besondere Mahlzeit
Bei einem Mittagessen lernt die Gruppe David Suchy kennen, Gründer des Restaurants „Frea“, der sein Restaurant als das erste pflanzliche Null-Abfall-Restaurant bezeichnet und dafür mehrere Auszeichnungen erhalten hat. Bei einer 4-Tage-Woche für das Team und sieben Öffnungstagen die Woche sind die Personalkosten allerdings sehr hoch, wie er uns erzählt. Deshalb steckt er seine Energie derzeit in eine Software, um das Personalmanagement und die Arbeitseinteilung effizienter und besser zu gestalten.
Dass in einer Großstadt wie Berlin das Frühstück einen besonderen Stellenwert hat, mit besonderen, auch herzhaften Gerichten, zeigen Lokale wie das „Frühstück 3.000“. Dienstzeiten von 09:00 bis 16:00 Uhr für den Service und eine 4-Tage-Woche für die Köche von 07:00 bis 19:00 Uhr erleichtern es hier, ausreichend Personal zu finden.
„Natürlich sind diese Konzepte nicht 1:1 auf unsere Betriebe in den Bergen übertragbar, aber jedes Essen, jeder Austausch mit den Gastgebern und in der Gruppe inspiriert mich, als Mensch zu wachsen und die neuen Impulse in meiner Küche weiterzuentwickeln und anzupassen" bringt es Uli Ties vom Südtiroler Gasthaus Plazores in St.Vigil am Enneberg auf den Punkt.
Berliner Stadtleben
Auch vom Schiff auf der Spree aus zeigte sich Berlin von seiner besten Seite. Ein überzeugender Stadtführer vermittelte zudem bei einem Spaziergang vom Brandenburger Tor bis zum Checkpoint Charlie eindrucksvoll Berlins Geschichte. Einige Teilnehmenden fanden während der drei Tage ebenso Zeit für einen Bummel in den Hackeschen Höfen, einen Aperitif im Hotel Adlon, für Austern mit Champagner im KaDeWe oder aber eine nächtliche Berliner Currywurst.