Die Weihnachts-Schlemmerei

Die Vielfalt traditioneller Gerichte ist groß, welche die Menschen in christlich geprägten Ländern – und nicht nur dort – mit Weihnachten verbinden. Was in Deutschland die Weihnachtsgans und Weihnachtskarpfen, sind in Frankreich Austern, Jakobsmuscheln und Hummer, und ist in Spanien und den USA der traditionelle Truthahn. In Italien darf der Kapaun nicht fehlen, gebraten oder in gefüllten Teigtaschen in einer feinen Fleischsuppe. Im hohen Norden hingegen regiert neben Hering und Lachs der Weihnachtsschinken am Tisch: mit Senfsoße bestrichen, mit Nelken gespickt und im Ofen gegart.

Weihnachten, das besondere Fest der Liebe
Aber auch dort, wo keine Christen leben, wird Weihnachten gefeiert, wenngleich auf eine ganz andere Art. So steht in Japan der Weihnachtstag für Dating, Kuchen und frittierte Hühnchen. Weihnachten ist zwar kein offizieller Feiertag, dafür gilt er als der romantischste Tag des Jahres und ist sozusagen die japanische Version des Valentinstages. Frittierte Hühnchen von der Fastfoodkette Kentucky Fried Chicken (KFC) gehören dazu, seit ein amerikanischer Kunde, der in Japan nirgendwo einen Truthahn auftreiben konnte, das frittierte Hähnchen als nächstbeste Alternative zum gewohnten Weihnachtsessen kaufte. Inspiriert von diesem Erlebnis startete KFC Japan 1974 die Marketingkampagne „Zu Weihnachten Kentucky“ – dem Ruf folgen seither jährlich mehrere Millionen Japaner. Zum Dessert folgt ein Biskuitkuchen mit viel Sahne und Erdbeeren, kurisumasu keki genannt, er gilt als typischer japanischer Weihnachtskuchen.

Die süßen Verführungen
Dürfen in Italien Panettone oder Pandoro nicht fehlen, verwöhnt man sich in Deutschland mit Lebkuchen und Stollen und in Österreich – wie auch bei uns in Südtirol – mit Vanillekipferln und Zimtsternen. Das typische Dessert in Frankreich hingegen ist der Buche de Noel, der schokoladige „Baumstamm“, bei dem sich die französischen Konditoren jährlich einen Wettkampf um die originellste Form und die attraktivsten Geschmackskombination liefern. Mince Pies hingegen sind das traditionelle englische Weihnachtsgebäck. Die kleinen Mürbteig-Törtchen enthalten eine Füllung aus gehackten Früchten und werden gemeinsam mit einem Glas Milch traditionell für den Weihnachtsmann neben den Kamin gestellt, damit er sich bei seinem Besuch kurz stärken kann. Ohne Turron (bekannt als Torrone) hingegen kann man sich das traditionelle Weihnachtsessen in Spanien nicht vorstellen: Ein Mandelnugat aus Honig, Mandeln, Eiweiß und Zucker. Die Skandinavier hingegen schwören auf Milchreis, in dem nur eine einzige Mandel versteckt ist. Wer diese in seinem Teller findet, dem beschert das kommende Jahr eine besondere Portion Glück!

Der passende Trinkgenuss
Auch feierliche und vor allem wärmende Getränke dürfen in der (vor)weihnachtlichen Zeit nicht fehlen: Sind es hierzulande vor allem Punsch und Glühwein, ist es in Schweden der Glögg, die wohl stärkste Glühweinvariante mit Wodka, Weinbrand oder Rum. Eine Abwandlung unseres Eierlikörs namens Eggnog ist der amerikanische Weihnachtsdrink mit Ei, Milch, Sahne und einem entsprechenden Schuss Rum oder Brandy. In Dänemark hingegen gibt es ein spezielles, dunkles Weihnachtsbier, Julebryg genannt, ein Starkbier mit fast sechs Prozent Alkohol.

Das Schlemmer-Dilemma
Die Aufzählung an kulinarischen Köstlichkeiten und Traditionen ließe sich noch lange fortführen. In den meisten Fällen verführen sie allerdings zu übermäßigem Schlemmen und schnurstracks zu reuevollen Neujahrsvorsätzen. Warum also nicht vorgreifen, dem Vorhersehbaren? Wem also auch zu Weihnachten seine Gesundheit, die Umwelt und regionale Produzenten am Herzen liegen, kann dem durchaus Rechnung tragen. Mit einem Weihnachtsessen, bei dem die kleine, aber feine Winterauswahl an regionalem Gemüse, Getreide und Obst die Hauptrolle spielt: vom Gemüse-Orzotto aus Südtiroler Gerste bis zu Sauerkraut und Erdäpfelblattln, von feiner roter Beete zu regionalen Zuchtpilzen und einem wärmenden Bratapfel - optimalerweise aus biologischer Landwirtschaft. Ein Weihnachtsessen, bei dem das Fleisch wieder jene Wertigkeit erhält wie einst: Ein seltenes Gut am Teller, dafür umso geschätzter. Auch Süßes muss nicht fehlen, aber die Menge macht es aus: Lieber kleine Portionen wählen, dafür umso mehr genießen – und den Wintersparziergang etwas länger ansetzen. Ein Resteessen an einem der darauffolgenden Tage sorgt dafür, dass nichts unnütz in der Tonne landet.

Ob im Restaurant oder zu Hause: Weihnachten traditionell und kulinarisch genießen und trotzdem Gesundheit und Umwelt Gutes tun, schließt sich keineswegs aus. Guten Appetit!

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