Der Küchenroboter als neuer Arbeitskollege
Michael Wolf war jahrelanger Küchenchef in Tim Mälzers Restaurant Bullerei in Hamburg und kennt den Stress in Küchen bestens. Er ist überzeugt, dass Maschinen, vor allem Roboter, Hilfe leisten und neuen Freiraum für kreative Aufgaben schaffen können. Heute ist er Head of Culinary Art bei der Firma Goodbytz in Hamburg und entwickelt Rezepturen für deren Küchenroboter.
Herr Wolf, wie darf man sich die Arbeit eines „Head of Culinary Art“ vorstellen, der Rezepte für einen Küchenroboter entwickelt?
Ganz anders als in der klassischen Gastronomie. Zwar bleibt meine kreative Arbeit als Koch unverändert, doch die Herangehensweise unterscheidet sich erheblich. Während ich früher als Küchenchef in der Bullerei Gerichte für Menschen kreierte, entwickle ich heute Rezepte für einen technologischen Kollegen – unseren Küchenroboter. Nachdem ich ein Rezept konzipiert habe, programmiere ich es in unser System und lasse den Roboter so lange kochen, bis das Ergebnis meinem Standard entspricht. Zusätzlich analysiere ich, ob Zutaten förderbar sind und wie präzise das System zubereitet. Ich widme mich auch der logistischen Komponente – also der Verfügbarkeit unserer Zutaten in der benötigten Qualität bei unseren Kunden. Insgesamt ist meine Aufgabe eine spannende Symbiose aus traditioneller Kochkunst und innovativer Technologie – mit dem Ziel, die Zukunft des Kochens nachhaltig zu gestalten.
Sie waren selbst jahrelang Küchenchef. Können Sie die Skepsis von Köchen gegenüber Robotern nachvollziehen?
Absolut, und das kann ich auch gut verstehen. Skepsis gegenüber neuen Technologien gab es schon immer – ich erinnere mich noch gut an die Einführung der Konvektomaten in den Profiküchen. Damals gab es ähnliche Bedenken: Wird das noch echtes Kochen sein? Braucht es den Koch überhaupt noch? Und doch hat sich diese Technologie längst etabliert, weil sie Abläufe vereinfacht und die Qualität sichert. Ähnlich sehe ich die Robotik in der Küche. Sie ist kein Ersatz für den Koch, sondern ein Werkzeug, das im Hintergrund arbeitet und uns unterstützt. Gleichzeitig kann mein Team, unterstützt durch das System, eine gleichbleibend hohe Qualität abliefern – auch wenn ich mal nicht in der Küche stehe. Natürlich verändert sich der Beruf – aber in vielerlei Hinsicht macht er ihn sogar wieder attraktiver. Als Küchenchef habe ich jetzt mehr Freiräume, kann mich stärker auf Kreativität und Führung konzentrieren.
Dass ein Kochroboter bspw. an Flughäfen seine Dienste tut, leuchtet vielen ein – aber wie sehen Sie sein Potential in der klassischen, hochwertigen Hotel- und Restaurantküche in Südtirol?
Ich sehe großes Potenzial, gerade weil in der gehobenen Gastronomie Perfektion und Effizienz Hand in Hand gehen müssen. Ein Roboter wird dort nicht die Kreativität oder das Fingerspitzengefühl eines Kochs ersetzen, aber er kann Prozesse stabilisieren, standardisieren und den hohen Qualitätsanspruch unterstützen – besonders bei wiederkehrenden Aufgaben oder komplexen Abläufen, die präzise umgesetzt werden müssen. Es geht nicht darum, Tradition durch Automatisierung zu verdrängen, sondern durch smarte Unterstützung die Küche noch leistungsfähiger zu machen. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel kann ein solches System eine echte Entlastung sein, weil es den Druck von den Teams nimmt und verlässliche Abläufe schafft.
Welche Aufgaben wird der Küchenchef bzw. die Küchenchefin der Zukunft haben?
Der Beruf des Küchenchefs wird sich weiterentwickeln – weg von reiner operativer Hektik, hin zu mehr strategischer Führung und kreativer Gestaltung. In der Zukunft wird ein Küchenchef nicht nur Koch sein, sondern auch ein Manager, ein Innovator und ein Qualitätsgarant. Er wird sich stärker mit der Produktentwicklung, der Optimierung von Prozessen und der nachhaltigen Nutzung von Ressourcen beschäftigen. Das Team wird ebenfalls anders aufgestellt sein. Die besten Küchen werden jene sein, in denen Mensch und Technologie perfekt zusammenarbeiten. Statt eine Küche allein mit harter körperlicher Arbeit am Laufen zu halten, kann sich ein Küchenchef der Zukunft darauf fokussieren, kulinarische Visionen umzusetzen und sein Team gezielt weiterzuentwickeln. Das macht den Beruf nicht nur effizienter, sondern auch attraktiver für die nächste Generation von Köchen.